Fahrende Müllverbrennungsanlagen – die Wiener Diesel-Busse

Kann sie irgendwer aus dem Stadtbild wegdenken? Unsere Flüssiggas-Busse gehören ja fast schon ein wenig zum Stadtbild. Nun machen leider die dafür benötigten Motoren den Sprung in die EURO 6 Klasse nicht mehr mit. Zu wenig gefragt ist das Model, als dass sich die enormen Entwicklungskosten überhaupt noch lohnen würden.

Schade, aber ein Umstand an dem sich nichts ändern lässt. Man wird den Wiener Verkehrsbetrieben nicht verübeln können, dass sie sich anderweitig umsehen. Das müssen sie sogar.

Dann wie ein Dampfhammer die Nachricht, dass Diesel-Busse angeschafft werden. Wie das? Welch ein Rückschritt von relativ sauberen Flüssiggas zum superdreckigen Diesel.

Sehen wir uns die Gründe an warum Flüssiggas-Busse überhaupt erst angeschafft wurden.  Damals ging es in erster Linie um niedrigere Emissionen. Verglichen mit Diesel verursacht LPG (das ist der Handelsname von Flüssiggas) deutlich weniger Emissionen.

Das brachte unter anderem den Vorteil relativ simpler Motorentechnik mit sich, weil Abgasbehandlung minimal bis nicht vonnöten war und daher sehr wenig Technik brauchte. Das schlug sich auch in verminderten Wartungskosten nieder.

EURO 6 allerdings verlangt Motorenbauern einiges mehr ab, als nur der reine Flüssiggasbetrieb zu schaffen vermag. Die Technologie dafür wäre nicht aufwendig, aber der Markt für solche Busse ist verschwindend klein, weshalb diese Produktionsreihe vom Hersteller eingestellt wurde.

Was tun also als Stadt Wien? Die Busflotte muss schließlich erneuert werden und wenn es mit den gewohnten Modellen nicht mehr geht, dann muss man sich flugs etwas Neues anschauen.

Was stand zur Auswahl?

Zum einen der gute alte Diesel. Kein anderer Motor wird so oft hergestellt, weshalb ihn auch absolut jeder Produzent in der Palette hat. Das schafft Auswahl. Aber EURO 6 stellt den Diesel vor ernsthafte Probleme.

Ich schrieb einmal in einem anderen Artikel, dass der Dieselmotor eigentlich eine fahrende Müllverbrennungsanlage ist. Diesel war früher Raffineriemüll und wurde nur salonfähig gemacht, weil so viel davon da war. Dieselabgase sind seit 2012 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf die selbe Stufe mit Sarin, Asbest und Arsen gestellt worden was ihre Giftigkeit anbelangt.

Man muss sich das so vorstellen. Man verbrennt etwas, dass sehr viele Abgase erzeugt und dann bastelt man an ausgeklügelter Technik um es endlich soweit hinzubiegen, dass es irgendwie passt.

Ganz passt es aber nie wirklich, weil durch die Filtertechnologie – abgesehen von einem saubereren Abgasstrahl -zwei Dinge erreicht werden.

Erstens heißt  filtern – zustopfen. Der Filter ist selbst nichts anderes als eine Art halbdurchlässiger Stoppel durch den die Abgase mit Druck geblasen werden müssen und dieser Druck muss erst einmal aufgebaut werden. Das aber frisst Leistung was wiederum mehr Spritverbrauch bedeutet, denn irgendwo muss die Leistung ja herkommen.

Zweitens füllen sich diese Filter immer mehr an (der Feinstaub kann ja nicht weggezaubert werden), was dann natürlich die Filterleistung schwächt, und immer mehr von dem Zeug, das man eigentlich loswerden wollte, letzlich doch wieder in die Atmosphäre gelangt.

Somit ist die Abgasleistung eines Diesel-Busses allenfalls zur Inbetriebnahme und für relativ kurze Zeit danach in der Norm, aber mit der Zeit werden sie zu immer größeren Dreckschleudern, bis dann halt der Partikelfilter gewechselt wird.

Unter der Hand und wenn man ein wenig bohrt, geben das die Motorenbauer auch durchaus zu. Der EURO 6 Diesel ist ein Technologie-Monster das seine Leistung nicht durchgehend halten kann.

Außerdem braucht es noch eine Harnstoffanlage durch die dem Abgasstrahl Harnstoff beigemengt wird, um schädliches Stickoxid zu neutralisieren, von dem der Dieselmotor ja auch raue Mengen produziert.

Im Gegensatz zum Partikelfilter füllt sich hier gar nichts, weil durch den Harnstoff das Stickoxid in Wasser und harmlosen Stickstoff umgewandelt wird. Aber so eine Anlage ist auch eine fahrende Chemiefabrik und daher sehr, sehr teuer. Ein Motorenbauer meinte, dass die Anlage noch einmal soviel wie der gesamte Motor kostet.

Aber was wären denn die Alternativen zum Diesel gewesen?

Zum einen der Stromantrieb. Toll von der Emissionenseite her, aber nicht gebräuchlich für den Betrieb in Großbussen. Die Reichweite ist sehr schlecht und durch die großen Batterien würde der Bus extrem schwer. Außerdem wäre das kaum zu bezahlen. Weg damit also.

Wie sieht es aus mit CNG? Wien Energie lobbyierte ganz massiv dafür, weil sie sich die Wiener Linien als Gaskunden wünschten. Darüberhinaus hätte dies den Vorteil, dass CNG auch durch BioGas hergestellt werden kann und somit CO2 neutral sein würde. Umwelttechnisch eine tolle Lösung.

Aber der mögliche Tankinhalt ist sehr limitiert, was sich auf relativ schlechte Reichweite niederschlägt. Desweiteren würde auch dieser Bus extrem schwer werden, weil die Druckflaschen im Unterbauch sehr viel Stahl brauchen würden. So mancher nannte den CNG-Bus bereits einen Panzer, weil er so schwer ist. Also auch nichts für Wien.

Eine dritte Alternative allerdings wurde noch nicht einmal in Betracht gezogen. Einen Bus der mit verflüssigtem Erdgas oder LNG fährt.

Schauen wir uns die Vorteile an.

Partikel gibt es bei der Verbrennung von Erdgas keine. Daher kein Feinstaub der gefiltert werden müsste und auch kein Partikelfilter der den Auspuff verstopft und sich mit Gift befüllt. Auch die Stickoxide sind etwa 85% niedriger als beim Diesel womit man sich die teure Harnstoffanlage sparen kann. Ein Drei-Wege-Katalysator reicht allemal um EURO 6 spielend zu erreichen.

Da sich nichts anfüllt oder abnutzt behält der LNG getriebene Erdgasbus (ja, LNG ist ganz normales Erdgas) seine volle Leistung und zwar sowohl die Kraft als auch die Abgasleistung bis zum letzten Kilometer.

Ferner sind Erdgasmotoren im Prinzip nicht sehr wartungsintensiv, was sich in verminderten Betriebskosten niederschlägt. Beim Einsatz von BioMethan hätte man auch gleich ein 100% CO2 neutrales Fahrzeug – sozusagen eine Gratisvorleistung auf ein künftiges EURO 7.

Die Firma Solbus stellt seit neuestem einen Bus mit LNG als Treibstoff her. Ein in Europa funktionierendes Model gibt es also auch schon.

Kommt noch das Thema Mehrpreis. LNG-Fahrzeuge sind ja klassischerweise teurer als die vergleichbaren Diesel. Das liegt nicht an teurerer Technologie, sondern an den sehr kleinen Stückzahlen. Wenn die Produktion in die Höhe geht, kommen auch die Preise runter.

Jetzt muss durch EURO 6 im Diesel soviel Technik verbaut werden, dass dieser trotz hoher Stückzahlen schon fast so teuer wie ein LNG-Bus ist. Damit sind sie gleich teuer wie Gasmotoren, wobei beim LNG die Reise nach unten geht.

Last but not least das wirtschaftliche Argument. LNG ist heute schon billiger als Diesel und wird wahrscheinlich noch billiger werden, wobei wir bei Diesel keine sehr großen Preisnachlässe erwarten können.

Was spräche jetzt noch gegen den LNG-Bus? Ach ja, es gibt kein LNG in Wien zu kaufen, aber das lässt sich sehr leicht ändern.

Fahrende Müllverbrennungsanlagen – die Wiener Diesel-Busse
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