Wie Utopia von den Grünen ausgenutzt wird

Während der späten Siebziger Jahre bildeten sich überall in Europa Grünbewegungen, aus denen sehr schnell politische Parteien hervorgegangen sind. Heute sind diese Bewegungen Teil des parlamentarischen Lebens beinahe jedes europäischen Landes. Wenn es um Umweltschutz oder um progressive Politik ging, konnte man sich üblicherweise auf die Grünen verlassen. Ist das Prädikat noch immer verdient?

Grüne sind ein Produkt ihrer Zeit. Als die Bevölkerung immer wohlhabender wurde, gab es auch Zeit und Geld sich um eine lebenswertere Umwelt Sorgen zu machen. Außerdem hatten auch die Verschmutzungslevels ungeahnte Ausmaße erreicht und das war so einfach nicht mehr haltbar.

Damals gab es keine Zweifel, dass die Grünen ihren angestammten Platz im demokratischen Gefüge hatten. Heute sind sie aber eine eingesessene Partei und genauso verhalten sie sich. Man könnte fast glauben sie hätten ihre Wurzeln vergessen. Teil des Establishments zu sein, erforderte Kompromisse und einige davon haben die Grünen selbst von grundsätzlichen Positionen wegbewegt. Das können Grüne natürlich niemals eingestehen und deswegen greifen sie nach den Sternen. Solange ihre Ziele unerreichbar fern sind, läuft man auch nicht Gefahr jemals an echten Resultaten gemessen zu werden. Operation erfolgreich – Patient tot.

Jede Bewegung hat ihre Starrköpfe, die das Wort Kompromiss noch nicht einmal zu kennen scheinen. Ganz egal was man von diesen Wirrköpfen halten mag, sie verteidigen die Kernpositionen und geben der Bewegung ihren Sinn und ein Zentrum um das man sich dreht. Diese Fundamentalisten rütteln an den eisernen Gittern der gesellschaftlichen Strukturen, in denen wir leben. Aber mit der Zeit werden diese Fundamentalisten immer mehr von einer stetig wachsenden Schar der sogenannten Realisten überflügelt und unterwandert. Diese Realos möchten sich mit der Mainstream-Gesellschaft arrangieren, um durchsetzbare Positionen zu realisieren. Solange beide Gruppen – Fundis und Realos – sich gegenseitig befruchten, ergibt das ein gesundes Gleichgewicht.

Was ist das echte Thema hier? Nehmen wir ein Beispiel. Grüne wollen elektrische Transportmittel überall und sind auch mit Wasserstoffantrieb einverstanden, weil beide ja sozusagen keine Emissionen verursachen. Das soll uns eine bessere Welt bescheren. Man kann natürlich trefflich darüber streiten, ob auch nur eines dieser Ziele in naher Zukunft ansatzweise realisierbar sind.

Bringen wir es anders – könnten wir eine Eisfabrik auf dem Mond bauen, um die große Kälte in den permanent verdunkelten Kratern zu nutzen? Natürlich sind wir technisch dazu – und zu wesentlich mehr – in der Lage. Die entscheidende Frage ist, ob es denn auch klug wäre, so etwas überhaupt zu tun? Warum sollte man etwas auf dem Mond ausüben, was wir hier auf der Erde sehr viel günstiger mit demselben Resultat erledigen können? Warum sollten wir eine riesige Menge Geld, Anstrengungen und guten Willen vergeuden, wenn es getestete, wirtschaftliche und verlässliche Mechanismen hier auf der Erde gibt, um genau das zu erhalten, was wir wollen? Man kann natürlich immer sagen, dass solch ein Abenteuer eine Menge positive Nebeneffekte haben würde wie zum Beispiel tolle Grundlagenforschung oder Jobs für Raketentechniker.

Der wahre Grund nach den Sternen zu greifen und keine realisierbaren Ziele zu verfolgen, ist aber der geballte Unwillen irgendetwas, dass man vorgibt vorzuhaben, irgendwann auch einmal zu realisieren. Das Problem wird künftigen Generationen überlassen, die sich dann mit den Konsequenzen des Stillstands herumschlagen müssen. Damit haben sich die Grünen erfolgreich des Problems entledigt und die anderen Parteien werden in der ewigen Defensive gehalten. Weil ja zudem jeder der die unerreichbar tollen Ziele auch nur im entferntesten in Frage stellt, zum Feind der Umwelt und der Menschen proklamiert wird. Keine Rolle nach der man sich sehnt.

Als ich den österreichischen Grünen erklärte was Feinstaub in den Lungen kleiner Kinder, aber auch in Erwachsenen Lungen anrichtet, erwartete ich, dass sie sich zumindest ernsthaft für unseren Kampf gegen den giftigen Diesel interessieren würden. Ich war zutiefst überrascht, als sie um das Thema herumschlichen, wie die berühmte Katze um den Brei. Sehr schnell kam es sogar soweit, dass sie das Thema so gut es ging herunterspielten. Vielleicht sollte ich nicht vergessen, dass wir bald Wahlen haben und dass es verständlich ist, dass sich die Grünen nicht gerade mit seinen potenziellen Koalitionspartnern anlegen möchten. Oder aber, weil man in einer Stadtregierung sitzt und seinen Partner dort nicht anpatzen will.

Das ist zumindest aus wahltaktischen Gründen äußerst verständlich. Grundsätzlich ist es aber sehr enttäuschend. Was ist die Kernbotschaft der Grünen schnell noch einmal? Oh ja – die Umwelt zu schützen und gegen all jene zu kämpfen die den Planeten zerstören wollen.

Es sollte eine Linie geben an der eine Person, eine Firma, eine Organisation, ja eine Partei sagen sollte – bis hierher und keinen Schritt weiter bin ich kompromissfähig. Stelle man sich nur einmal einen Gegner der Todesstrafe in den USA vor, wie er selektiven Exekutionen zustimmt, um mehr Menschen zu gefallen. Sie können das nicht. Natürlich können sie es nicht, da Tod durch das Justizsystem der Feind ist und da kann es kein Zurückweichen geben. Weicht man dieses Prinzip auf, löst sich die Gruppe auf.

Oder stelle man sich Monarchisten im 18. Jahrhundert vor, die um ein wenig populärer zu werden, der Exekution einzelner Monarchen zustimmen. Schlag den Kopf von dem hier ab – aber den hier nicht, oder vielleicht …. Egal in welches Lager man zu welchem Thema gehört – es gibt eine Linie die man nicht überschreiten wird. Bis zu dieser Linie ist ein Kompromiss möglich, danach sind wir im absoluten Nein-Nein-Land.

Bei den Grünen ist das offensichtlich nicht so. Um Macht zu erlangen oder zu erhalten wird die Heilige Kuh geschlachtet. Umweltschutz ist nicht mehr der Heilige Gral. Machterhalt ist es.

Wie nun einmal es mit stark Ideologie geprägten Gruppierungen ist, gibt es einen nie enden wollenden Kampf zwischen den Fundis und den Realos. Die heutigen Grünbewegungen zählen nahezu keine Fundis mehr in ihren Führungsspitzen. Sie wurden schon alle aus der Macht gehebelt. Das schaut auf den ersten Blick gar nicht einmal schlecht aus, weil Realos eigentlich kompromissfähig sind. Wer freut sich nicht über realistische Grüne, nach den Jahren der unhaltbaren Positionen? Grüne sind sozusagen modern geworden.

Aber hier ist das Baby mit dem Badewasser ausgeschüttet worden. Denn auch Realos sollten zumindest noch Grüne sein – ich meine echte Grüne. Und wenn es eine wirtschaftlich interessante Alternative zu Diesel gibt, die den Status quo ganz deutlich verbessert und auch noch Geld spart, dann erwarte ich zumindest ein offenes Ohr.

Mir ist schon klar, dass LNG nicht der Weisheit letzter Schluss sein wird, und wir uns in ferner Zukunft mit Verwerfungen im Raum-Zeit-Gefüge genug Energie verschaffen können, um all den chemischen Mist nicht mehr zu brauchen. Aber solange das noch eine Träumerei einiger Star Trek Fanatiker ist, sollten wir uns dafür interessieren, was wir mit heutiger Technologie verwirklichen können, weil wir nun einmal im Hier und Heute leben.

Man könnte jetzt auch sagen, dass man den Grünen nichts vorwerfen kann, weil sie es vielleicht einfach nicht besser wussten, aber seit sie nachweislich Bescheid wissen, gibt es ja schon geradezu eine Art Boykott. Wie erklärt sich das? Sie wollen einfach nicht darüber reden.

Ich gehe sogar einen Schritt weiter. Umweltorganisationen wie Greenpeace oder Global2000 interessieren sich genauso wenig für das Thema, obwohl sie eigentlich den Kampf für eine bessere Welt auf den Fahnen stehen haben. Stattdessen verwalten sie ihre Budgets und schicken Jugendliche auf die Straßen, um gegen die Erderwärmung Prospekte auszuteilen. Lieber für Polarbären kämpfen – die Probleme zuhause sind offenbar zu anstrengend und die Arbeit nicht wert.

Nur weil sich jemand Grün nennt, heißt das noch lange nicht, dass er wirklich an Umweltschutz oder Menschen interessiert ist. Und man darf ruhig auch einmal einen Grünen in seiner vermeintlichen Kernkompetenz, den Umweltschutz, infrage stellen. Weil grüne Farbe außen noch lange keinen echten Grünen innen drinnen ausmacht.

Grüne verfolgen gerne weit entfernte, fast unerreichbare Ziele, weil ihnen das einen ewigen Wettbewerbsvorteil einräumt, ohne jemals auch nur ein Resultat zeigen zu müssen. Der schlimmste Albtraum für einen Grünen ist eine perfekt saubere Umwelt und Utopia, wo alle Menschen Freunde sind und es jedem gut geht, weil dann ihr Geschäftsmodell – und sie selbst auch gleich – beim Teufel sind.

Utopia schützt die Grünen davor jemals wirklich für eine bessere, sauberere und gesündere Umwelt einstehen zu müssen. Ihre Wettbewerber stehen für immer am Pranger – egal wie sehr sie sich wirklich für die Umwelt einsetzen mögen. Aber das ändert sich Gottlob auch schon.

Wie Utopia von den Grünen ausgenutzt wird
Tagged on:                     

One thought on “Wie Utopia von den Grünen ausgenutzt wird

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.