Ein Plädoyer für Schiefergas

Vor wenigen Tagen hatte ich in einem Beitrag zur europäischen Energie wohlwollende Worte zu Schiefergas verloren. Ich hatte kaum jemals so hasserfüllte Kommentare dazu gelesen.

Man sollte denken, dass in Österreich eine zivilisierte Diskussion zu diesem Thema stattfinden könnte. Scheint aber nicht so zu sein.

Nun möchte ich aber auch nicht einigen professionellen Raunzern und ewig alles Schlechtmachern zu viel Bedeutung schenken. Denn wenn ich mich auf der Straße zum Thema Schiefergas unterhalte, schlägt mir zwar auch öfter Skepsis entgegen, aber doch eher die zivilisierte Form. So rabiat wie im Internet wird es niemals.

Nun, im Internet verstecken sich die meisten halt hinter ihren Pseudos. Da wird schnell einmal aus einem biederen Familienvater ein furchtloser Rächer der Enterbten und aus einem Heimchen am Herd eine bissige Amazone. Wo sind diese Heldentypen denn im wahren Leben? Wahrscheinlich so wie immer schön angepasst und unauffällig. Die Leute könnten ja etwas Schlechtes denken.

Soviel dazu.

Aber jetzt zurück zum Schiefergas. Es ist schon komisch welche Emotionen das Thema auslöst und wie sehr sich vor allem der gesunde Menschenverstand dabei ausschalten lässt. Dass im Besonderen militante Umweltschützer nicht immer sehr rational argumentieren, ist ja nichts Neues.

Aber wenn dann ein Energiekonzern, der nicht gerade für umweltschonende Maßnahmen oder Fördermethoden bekannt ist, ins Konzert einstimmt, dann stimmt das schon etwas bedenklich. Für Gazprom ist Schiefergas eine sehr ernste Bedrohung.
Momentan ist Europa die einzige Cash Cow des Unternehmens. Die eigenen Kunden in Russland müssen immer noch billigst bedient werden, weil unter anderem der billige Gaspreis ein Mittel zur Beschwichtigung der Bevölkerung ist. Da ist nichts zu holen. Und die China-Leitung liegt noch nicht.

Zum Thema China muss außerdem noch gesagt werden, dass die Felder so weit weg vom Markt und die Erschliessungs- und Anschlusskosten so exorbitant sind, dass selbst von russlandfreundlichen Experten bezweifelt wird, ob damit jemals Geld zu verdienen ist.

Damit ist der europäische Markt zu einer der wichtigsten Lebenslinien Russlands geworden – auch wenn das Russland oft anders darszustellen versucht. Natürlich klammern sie sich an jeden Ast, der ihnen die weiterführende Abhängigkeit der Europäer von russischem Gas verspricht.

Würde Europa ernsthaft Schiefergas entwickeln, würde sich dieser Markt ähnlich entwickeln wie Nordamerika. Europäisches Schiefergas würde schnell wesentlich billiger werden als Russengas und nicht nur die Abhängigkeit wäre gebrochen. Es würde sogar einetödliche Konkurrenz darstellen. Das ist für die Russen eine Bedrohung die es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt.

Aber es geht noch weiter. In Nordamerika stellt ein großer Teil der Transportwirtschaft auf LNG oder CNG als Treibstoff um, weil es so viel billiger ist als Diesel. Man stelle sich eine ähnliche Entwicklung in Europa vor – gestützt auf billiges Schiefergas aus Eigenproduktion. Plötzlich würde der Konkurrent Schiefergas, in Segmente eindringen, die bislang als sicher galten.

Russland verdient heute wesentlich mehr Geld mit dem Verkauf von Öl und Ölprodukten als mit Gas. Wenn jetzt plötzlich die Europäer als verlässliche Ölkonsumenten wegbrechen würden, kommt das nahezu einer Kriegserklärung gleich.

Für die Russen ist das dann in etwa wie „ich brauche deine Produkte nicht mehr und alles andere was du hättest braucht sowieso auch keiner – bau doch bitte eine ordentliche Wirtschaft auf und  komm (erst) dann wieder“.

Man stelle sich einmal vor, dass die Russen, die es gewohnt waren, dass man sie ob ihrer Energieprodukte immer hofiert hatte, auf einmal wie jeder andere behandelt würden. Das darf nicht sein und deshalb ist jedes Mittel recht, um den Status quo zu erhalten.

Hier kommen den Russen die europäischen Umweltschützer recht. Russland ist kein Grünland, aber wenn es um den Schutz eigener Interessen geht, ist jede Allianz ok. Der Feind meines Feindes ist mein Freund.

Der Feind, das sind europäische Bürger und Konsumenten die es leid sind, überhöhte Preise für Energie zu zahlen, um sich dann auch noch verhöhnen zu lassen. Sie müssen mit allen Mitteln in der Abhängigkeit gehalten werden, und dabei ist auch die Furcht vor dem was man nicht kennt, ein toller Gehilfe.

Schiefergas wurde in den letzten Jahren als etwas Dämonisches hingestellt. Die meisten Leute wissen noch nicht einmal was das wirklich ist, aber sie scheinen zu wissen, dass das ganz schlecht für die Umwelt sein soll. Mit selbsternannten Experten die noch nie ein Bohrloch gesehen haben, ist nicht zu diskutieren, weil die immer auf ihrem Standpunkt bleiben und selbst die härtesten Fakten niemals anerkennen würden.

Ist etwa so wie Kinder die sich auch die Augen zuhalten im Glauben, dass man sie dann nicht sieht. Und mit der Gazprom (und sicher noch so einigen anderen Ölfirmen, die um ihre Profite fürchten) haben sie finanzstarke Partner.

Schauen wir uns an, wer in Nordamerika die Schiefergas-Pioniere waren. Kleine, lokale Gesellschaften die sich im klassischen Ölgeschäft nicht behaupten konnten, weil man dort von den Mastodonten (den grossen energiekonzernen) totgetrampelt wird. Die Großen mussten sich später, nachdem der Boom voll im Gange war, teuer einkaufen, damit sie wenigstens dann mit von der Partie sind.

In Europa will keiner von den Großen ein ähnliches Szeario. Ihre Kunden haben sie immer gut leben lassen – quasi nicht viel Arbeit für sehr viel Geld. Wer will sowas schon verändern? Ist ja ähnlich wie bei Gazprom.

Schiefergas ist nichts anderes als Erdgas. Es kann sehr sicher und vollkommen umweltverträglich gefördert werden. Würde man die Standards die heute bei Neubohrungen in den USA gelten, im Weinviertel anwenden, müssten sämtliche konventionellen Öl- und Gasquellen geschlossen werden. Von den Russischen rede ich noch gar nicht.

Ein Freund in der Pharmaindustrie sagte mir einmal, dass man heute eine normale Himbeere nicht mehr durch das Genehmigungsverfahren bekommen würde, weil sich darin an die 150 Substanzen befinden die zumindest bedenklich seien.

Ein anderes Beispiel. Wenn Benzin heute nicht so allgegenwärtig wäre, sondern eine neue Treibstoffart, würden extreme Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden und ungeschultes Personal dürfte keinesfalls damit hantieren. Benzin ist hochexplosiv und seine Dämpfe sind giftig.

Trotzdem fühlt sich niemand unsicher in der Nähe einer Tankstelle. Das aus Schiefergas gewonnene LNG ist extrem harmlos dagegen. Es kann nicht explodieren und ist auch ungiftig. Nur sehr kalt. Trotzdem werden extreme Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Spezialhandschuhe müssen beim Tanken getragen werden und eine Schutzbrille auch. Gleichwertige Maßnahmen beim Tanken von Benzin würden Raumanzüge erfordern und eigene Schutzzonen mit speziellen Vorrichtungen zum Abfangen von Schockwellen bei Explosionen.

Beim Schiefergas ist das nicht anders. Hier gelten teilweise Sicherheitsstandards die es in der Öl- und Gaswelt noch niemals gab. Wer glaubt, dass eine Schiefergasquelle umwelttechnisch problematisch ist, hat noch nie eine ganz normale Ölquelle gesehen.

Und vor allem wegen der hohen Sensibilität werden hier von der Industrie selbst Standards eingehalten, die alles bisher dagewesene in den Schatten stellen. Ich kenne natürlich die Bilder von brennenden Wasserhähnen, aber beim Berühmtesten davon, hat sogar der Regisseur zugegeben, getrickst zu haben.

Bei Öl und Gas findet die Verwüstung in Russland, Saudi Arabien oder Nigeria statt und deswegen sehen wir sie nicht. Vergleichsweise sichere, saubere Schiefergasförderung  bei uns, wollen wir nicht.

Die MontanUni hat ein neues vollkommen biologisches Fracking-Verfahren entwickelt, und auch das darf nicht getestet werden. Es kann von den Gegnern oft schon gar nicht mehr schlüssig gezeigt werden wo die Umweltschädigung ist, aber man ist trotzdem dagegen.

Dafür stellen wir unzählige Windräder auf, die unsere Stromnetze über Gebühr belasten. Das ist sauteuer und es wirkt auch nicht, weil dadurch viel Kohle ins Land kommt (irgendwie muss man die windstillen Zeiten ja ausgleichen und unsere geheiligte CO2 Bilanz wird zum Leichentuch der Umweltpolitik. In den USA sind die gesamten Emissionen quer durch die Bank massiv gesunken, insbesondere wegen sauberen Schiefergas.

Schiefergas macht Nordamerika zum sauberen Energieparadies mit niedrigen Preisen. Unsere Industrie wandert ab und damit die Jobs, was dann auch die gut Ausgebildeten herüberzieht.

Damit werden wir zur Wirtschaftswüste mit massiver Arbeitslosigkeit, und vor allen Dingen Hoffnungslosigkeit, und Nordamerika hat einige Jahrzehnte sein eigenes Wirtschaftswunder.

Wer jetzt gegen Schiefergas ist, soll bitte eine Alternative aufzeigen, die uns wettbewerbsfähig mit den USA macht, und gleichzeitig unsere Umwelt so schont.

Eine ehrliche Debatte ohne Fuchteln, Schreien und Shitstorms würde schon helfen. Schaffen wir das oder verdammen wir wieder einmal die Ärmsten zum frieren, weil die sich die Heizung nicht mehr leisten können?

Ein Plädoyer für Schiefergas
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