LNG (oder nicht) – einige Missverständnisse

Letzte Woche war ich bei einer Pressekonferenz zum Thema Erdgasautos und obwohl ich dort eigentlich die Erdgas-Größen der Republik versammelt erwartet hätte, war ich dann doch etwas erstaunt über das geballte Unwissen zum Thema LNG.

Hier also ein kleiner Themenkatalog der wichtigsten Missverständnisse.

LNG ist nicht Flüssiggas

Vielleicht die häufigste Verwechslung. LNG ist – wie der Name schon sagt – verflüssigtes Erdgas. Damit ist es genau genommen nichts anderes als das Erdgas, dass bei Ihnen zuhause in der Therme verbrennt. LNG wird nur durch Abkühlen in den flüssigen Zustand versetzt – das Methanmolekül und auch die chemische Zusammensetzung verändern sich dabei gar nicht.

Flüssiggas wiederum ist sogenanntes LPG oder Liquid Petroleum Gas. Dabei handelt es sich um sozusagen „höhere Kohlenwasserstoffe“. LPG ist eine Mischung aus den Molekülen Ethan, Propan und Butan, wobei das Mischverhältnis bestimmt welche Art von LPG man hat. LPG ist ein Nebenprodukt der Aufbereitung von Rohöl und kommt daher in erster Linie aus der Raffinerie.

LNG ist aus Erdgas und dieser Rohstoff wird eigens gefördert. LNG ist somit kein Produkt der Ölerzeugung sondern völlig eigenständig. Methan, der Grundstoff zu LNG, kann auch im Gegensatz zu Ölprodukten sehr gut hergestellt werden, womit LNG zum perfekten Biosprit wird.

Es gibt in Österreich noch keine LNG-Tankstelle

Hier muss ich vorsichtig sein, denn die Salzburg AG fährt mit einer sogenannten mobilen Tankstelle durchs Land. Das ist allerdings keine Tankstelle in herkömmlichem Sinn, sondern wird eher zur Auslieferung von LNG verwendet. Klassische LNG-Tankstellen wie man sie aus den Niederlanden oder aus Spanien kennt gibt es in Österreich noch nicht. Dazu müssen die existierenden erst nachgerüstet werden, was aber kein echtes Problem ist, da man komplette Nachrüstkits fertig kaufen kann.

Kein österreichisches Fahrzeug fährt heute mit LNG

Oft wird ja LNG mit Flüssiggas verwechselt. Den Unterschied habe ich weiter oben bereits erklärt. Flüssiggasgetriebene Fahrzeuge gibt es schon lange – nicht nur in Österreich.
Man könnte ohne jedes Problem LNG-getriebene Fahrzeuge in Österreich kaufen, aber wo tanken gehen? Ohne Tankstelle nutzt auch die Anschaffung eines solchen Fahrzeuges nichts.
Dort wo die Betankungsinfrastruktur bereits existiert, gibt es auch schon Fahrzeuge aller Art. Alle großen LKW- Hersteller haben LNG-Modelle in der Palette. Solbus stellt in Europa den ersten Stadtbus mit LNG-Antrieb her und auch bei anderen Fahrzeugen und Baumaschinen gibt es entweder aus den USA oder China Modelle bzw.  Umrüstsätze. Wer ein LNG Fahrzeug will, kann relativ einfach auch eines haben.

LNG ist keine Raketentechnologie

LNG is lediglich superkaltes Gas, das durch Kälte flüssig geworden ist. Das sieht cool aus und scheint sehr komplexe Technologie zu erfordern. In Wahrheit ist ein Verflüssiger nichts anderes als ein sehr großer Kühlschrank in dem durch ein Kühlmedium das Gas gekühlt wird.
Auch am Fahrzeug gibt es keine komplizierte Technologie. Das LNG wird in einen Stahltank gefüllt der sich seinerseits in einem Stahltank befindet. Zwischen den beiden ist ein Vakuum um eine bessere Temperaturisolierung zu erreichen. Nichts wirklich komplexes.
Wenn dann das LNG zum Motor geführt wird, wird es über Aluminiumplatten wieder aufgewärmt und verdampft. Das ist dann Erdgas das man im Motor verbrennen kann. Der LNG-Motor ist eigentlich nur ein herkömmlicher Gasmotor.

LNG muss im Tank nicht gekühlt werden

LNG kühlt sich durch den Abkochvorgang selbst. Das ist ähnlich wie bei kochendem Wasser. Wenn man es auf den Herd stellt, führt man ihm Hitze durch die Herdplatte zu. Bis das Wasser 100 Grad Celsius erreicht hat, steigt die Temperatur in der Flüssigkeit kontinuierlich an. Bei 100 Grad ist es dann vorbei, weil sich mit steigender Hitzeeinwirkung von außen immer mehr Wasser in Dampf verwandelt und somit der Restflüssigkeit die Wärme entzieht.
Bei LNG ist das nicht anders. Bloß, dass die relativen Temperaturbereiche anders sind. LNG kocht bei etwa minus 161 Grad Celsius.

Ich kann mit einem LNG Fahrzeug nicht in die Tiefgarage

Momentan ist das bedauerlicherweise so. LNG-Fahrzeuge werden leider den Flüssiggasfahrzeugen gleichgestellt. Wenn Flüssiggas austritt bildet sich ein Gas-See da Flüssiggas schwerer als Luft ist. Dieser Gas-See bleibt am Boden der Tiefgarage stehen und stellt eine große Explosionsgefahr dar.
LNG aber ist Methangas und das ist leichter als Luft weshalb es aufsteigt. Genauso wie Autoabgase würde es bei einem Austritt von der Lüftung abgesaugt und so ins Freie befördert werden. Damit herrscht auch keine Gefahr in Tiefgaragen, aber das hat dem Gesetzgeber noch keiner erklärt.
LNG Fahrzeuge sind jedoch eher große LKWs und Busse und wieviele von denen nutzen schon Tiefgaragen?

LNG steht nicht unter Druck

Durch die Verflüssigung ist kein Druck mehr notwendig. LNG wird üblicherweise bei atmosphärischem Druck gelagert. Im Fahrzeugtank allerdings lässt man einen Druck von einigen wenigen Bar zu, weil sich somit der Siedepunkt senkt, was den Abkochvorgang bremst. Diese Drücke sind indessen eher mit dem Druck in einem Autoreifen  und nicht mit den sehr hohen Drücken in CNG-Tanks zu vergleichen.

LNG aus Katar ist nicht billiger als bei uns produziertes LNG

LNG aus Katar (oder von einem anderen Großproduzenten aus Übersee) muss auch erst einmal produziert werden. Dann muss es in große Schiffe geladen, danach in einem Anlandeterminal in einen Tank und zu guter Letzt per Tanklastwagen zu uns transportiert werden. Laut Erhebungen kostet LNG im Terminal mehr als in Österreich hergestelltes LNG. Das LNG selbst hat einen Preis, dazu kommen die Terminalgebühren und dann noch der Frachttarif vom Terminal nach Österreich. Dabei reden wir von etwa 1200 Kilometer Transport. Darüber hinaus braucht man noch die Verteilerinfrastruktur in Österreich.
In Österreich hergestelltes LNG allerdings würde nur den Einkaufsgaspreis und die Verflüssigungskosten mit sich bringen welche deutlich niedriger sind. Außerdem kann bei in Österreich hergestelltem LNG die Qualität sehr genau gesichert werden. Bei importiertem LNG ist das wesentlich schwieriger. Letzlich,warum sollten wir teuer importieren, wenn wir günstiger zuhause einkaufen können?

Es braucht keinen politischen Kraftakt um LNG zu realisieren

Die größte LNG-Revolution der Geschichte findet ganz ohne Zutun der Politik heute in den USA statt. Auch in den Niederlanden wurde LNG als Thema erst durch Wirtschaftstreibende interessant, die LNG als besseren Treibstoff für sich entdeckt hatten. Die Politik sprang nur auf den fahrenden Zug auf.
LNG braucht keine großartige Koordinierung, sondern nur sorgfältig geplante und ausgeführte Einzelprojekte. Zunächst sollten Flottenfahrzeuge auf LNG umgestellt werden da diese jeden Tag zur Basis zurückkehren und damit keine dichte Betankungsinfrastruktur nötig ist. Alles weitere entwickelt sich in Folge organisch. Große politische Würfe sind dafür nicht vonnöten.

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