Verflüssigtes Biomethan – wir werden das neue Saudi Arabien

Alle interessierten Beobachter der Transportszene haben sicher die immer stärker werdende Angst und damit die rundherum stattfindende Debatte um EURO 6 mitbekommen. Ist schon eine Steilvorlage. Das Leben wird sehr viel härter werden in Zukunft für die Diesel-Süchtigen.

Aber, wie man aus informierten Kreisen hört, nichts was man mit Technologie nicht schaffen würde. Schlaues Motordesign und ausgeklügelte Filtertechnik schaffen es den hochgiftigen Diesel-Abgas-Strahl zu einem lauen Lüftchen verkommen zu lassen.

Das technologische Gleichgewicht ist zerbrechlich. Die Maßnahmen sind so umfangreich, dass sich die Katze oft in den Schwanz beißt. Ein Beispiel, erhöht man die Brenntemperatur indem man mehr Sauerstoff zuführt, verringern sich die Partikel (immerhin zu einem Großteil unverbrannte Kohlenwasserstoffe) ganz wesentlich. Leider steigt dann aber die Stickoxid-Produktion ungemein an. Was also? Teufel oder Teufel?

Ähnlich verhält es sich mit CO2. Die gebündelten Maßnahmen – um EURO 6 zu erfüllen – stellen ein neues, sehr zerbrechliches und mehr schlecht als recht funktionierendes Gleichgewicht dar. Hier noch mit CO2-Vermeidung oder Filterung einzugreifen wird zur Harakiri-Mission. Schon bei EURO 6 stehen Logistikern die Haare zu Berge weil sie mit erheblichen Fahrzeugausfällen rechnen müssen.

Die neue Mess- und Regeltechnik drosselt das Fahrzeug auf 20 Stundenkilometer, wenn die gemessenen Werte einmal gewisse Normen nicht mehr erfüllen und diese Messungen finden jetzt 24/24 und 7/7 statt. Das ist lückenlose Überwachung.

Das freut nur Mechaniker, weil dann das Fahrzeug sehr viel öfter zur Wartung muss und das schlägt sich entsprechend auf die Geldbörse.

Wie schon gesagt ist das die Situation die uns ab 2014 um die Ohren fliegt. Das ist EURO6. Wenn das also schon eine Art Mini GAU für Frächter darstellt, was soll man dann erst von EURO 7 halten?

Es kann nur noch gegen CO2 gehen und hier stoßen wir die Tür zu einer völlig neuen Dimension auf. Wenn man sich einmal den Abgasstrahl aus einem Dieselmotor ansieht, wird man schnell merken, dass mehr als die Hälfte davon harmloser Stickstoff ist. Nennen wir das einmal das Trägermedium. Ein anderer gewichtiger Bestandteil ist CO2. Verglichen mit diesen beiden machen sich Partikel, NOx und andere Schadstoffe wie Spurenelemente aus. Das heißt, wenn man beginnt CO2 zu filtern, dann fallen dabei raue Mengen an.

Das wird zum technologischen Super GAU. Und wie sollte man es speichern?

Die Lösung ist das CO2 gar nicht erst entstehen zu lassen. Das geht nur auf zwei Arten. Entweder der Treibstoff enthält von Anfang an keinen Kohlenstoff – hier fällt mir nur Wasserstoff ein und dabei gibt es alle Probleme die der Wasserstoff eben so mit sich bringt. Oder man benutzt einen Treibstoff der kürzlich erst der Natur Kohlenstoff entzogen hat und man es ihr durch die Verbrennung einfach wieder zurückgibt.

Das sind in der Regel Biotreibstoffe und vor allem Biomethan, aber seit neuestem auch synthetisches Methan. Biomethan entsteht auf eine Vielzahl von Arten. Alle (außer einige sehr exotische Syntheseverfahren) haben Sie gemein, dass das Methanmolekül von Mikroben bei der sogenannten Methanogenese gebildet wird.

Das kann in einem Fermentiertank geschehen. Das kann in einer Güllelagune geschehen. Das kann aber auch genauso gut in Kläranlagen oder in Mülldeponien geschehen und es geschieht auch auf ganz natürliche Weise in den Därmen der meisten Tiere und natürlich auch des Menschen.

Unter dem Mikroskop betrachtet gleicht das Innere des menschlichen Darms eher dem Amazonas-Urwald als der Wüste Gobi. Eine noch immer nicht vollständig erforschte Mikrobenwelt lebt dort in einer Art Symbiose und hilft dem Menschen Nährstoffe in für ihn verwertbare Produkte zu verwandeln.

Man beginnt gerade erst einmal den unvorstellbaren Umfang der mikrobialen Vielfalt zu verstehen. Nur um die Phantasie anzuregen – alle Lebewesen auf der Erde gehören in eine von drei Gruppen.

Prokaryoten oder Bakterien, Eukaryoten oder Lebewesen mit komplexen Zellstrukturen und Archaea. Alle Prokaryoten und Archaeen sind Einzeller, bei den Eukaryoten gibt es sehr viele Einzeller, aber alles andere mit einem Zellkern wie Seegurken, Fichten, die Haselmaus, Quallen, Schleimpilze und der Mensch um nur einige zu nennen gehören auch dazu.

Alles Leben das die meisten Menschen plastisch erleben ist nur eine winzige Gruppe aus der unglaublichen Vielfalt der Organismen. Wir beginnen gerade eine vage Idee zu entwickeln was es eigentlich noch alles gibt in der Domäne Leben. Außerdem läuft bei Einzellern die Evolution sehr viel schneller als bei uns Menschen, weil in sehr kurzen Zeiträumen sehr viele Generationen desselben Stammes kommen und gehen und sich Mutationen schneller verbreiten oder sterben.

Ich könnte über das Thema Wochenlang reden, aber hier endet der Ausflug in die Wissenschaft. Was ich damit sagen will ist, dass wir gerade erst an der Oberfläche dessen, was die Methanogenese eigentlich wirklich ist, kratzen. Machen Sie sich auf umwälzenden Entdeckungen gefasst.

Es geht aber nicht einmal um den Einsatz der richtigen Bakterienstämme, sondern um die richtige Futter-/Einzeller-Kombination, sowie das intelligente Zusammenleben dieser verschiedenen Lebewesen, um optimale Bedingungen für Methanproduktion zu gewährleisten.

Das ist in etwa wie bei einer Patchwork-Familie. Der richtige Mix ist das Geheimnis. Manche Bakterien produzieren Substanzen die für andere schädlich oder tödlich sind. Andere wieder verhalten sich anders je nach Temperatur oder Lichteinfall.

Und damit der Spaß ja nur nicht zu einfach wird kommen auch noch Einzeller als Biomasse-Quelle ins Spiel. Verschiedene einzellige Algenarten haben ungeheures Potential die Biomasseausbeute pro Hektar um bis zum 30 fachen zu steigern. Das sind noch Laborwerte, aber wenn auch nur die Hälfte davon im operationalen Betrieb ankommt, ist das eine Minirevolution.

Diese Algen bieten sich dem Menschen als grüne Suppe, die sich aber auch sehr leicht in Plexiglassröhren züchten lässt. Und es spielt auch eine Rolle welche Mikroalgen verwendet werden. Je höher die Lipidproduktion (Fett), desto höher die Biomethanproduktion.
Auch im Fermentierer selbst kommt es zu immer neuen, immer effektiveren Kombinationen bestehender Stämme mit teilweise neuen Stämmen, teilweise Stämmen die die Methanogene in ihrer Arbeit unterstützen. Das Leben im Fermentierer gleicht einer Patchwork Familie wo sich teilweise sehr fremde Organismen einen Lebensraum teilen. Man kann gegeneinander arbeiten oder sich gegenseitig im besten Fall unterstützen.

Auch hier ist noch viel zu erwarten um die Biomethanausbeute pro Tonne Biomasse zu verbessern.

Nicht zuletzt sind die Erwartungen bei der Roh-Biomethanaufbereitung am höchsten. Rohes Biomethan enthält ein Sammelsurium an verschiedenen Stoffen die erst aus dem Gas entfernt werden müssen, ganz besonders wenn man daraus verflüssigtes Biomethan herstellen möchte.

Der größte Teil dieser unerwünschten Stoffe ist CO2 selbst. Es muss gefiltert und gelagert werden. Einerseits kann man es zwar schon sehr gut zur Zucht von Mikroalgen verwenden – die lieben pures CO2, andererseits erfordert das aber immer noch den lästigen Filtervorgang. Besser ist es wenn man den Roh-Biomethan-Strahl durch einen Prozess leiten könnte, der das im Strahl befindliche CO2 gleich in Methan umwandelt.

tatsächlich geht das heute mit Hilfe von Archaeen – einzelligen Lebewesen die der dritten Domäne des Lebens angehören.
Warum erzähle ich euch das alles. Ganz einfach. Die Methanogenese oder die Herstellung von Methan, ob durch biologische oder durch synthetische Prozesse, steckt in ihren Kinderschuhen. Wir haben bis dato das genutzt was wir an der Oberfläche ohne große Mühe als nutzbar erkennen konnten. Die unglaubliche Vielfalt an Möglichkeiten und das unerhörte Entwicklungspotential werden langsam verstanden.

Dies wird uns billigere, bessere und nettere Biomasse zur Methanherstellung geben. Es wird wesentlich leistungsfähigere Prozesse und Fermentationsmethoden geben die Methanausbeuten um ein Vielfaches verbessern und Kosten signifikant nach unten drücken werden. Daraus ergeben sich Methoden mit denen man Roh-Biomethan in hochreines Methan umwandeln wird können, bei denen CO2 kein Thema mehr ist, weil es in einem synthetischen Kreislauf verarbeitet wird.

Kosten werden sinken, die Ausbeute wird steigen. Und das alles CO2 neutral. Und die Technologie, um es sinnvoll zu nutzen, muss noch nicht einmal entwickelt werden. Alles ist schon da.

Billiges Biomethan geht nicht. Nur in den Köpfen derer die heute noch nicht einmal in Höhlen leben würden, hätten sich nicht Spinner gefunden die diese als tolle Behausungen entdeckt hatten.

Was wir heute von der Methanogenese wissen gleicht dem was wir vom menschlichen Genom noch vor dem Jahr 2000 wussten. Gar nicht so lange her, nicht? Aber damals galt es noch als nahezu unmöglich das menschliche Genom in seiner Gesamtheit zu entschlüsseln. Genauso ist das heute auch bei der Methanogenese.

Fast schon täglich wird der Mikrobenzoo noch ein wenig größer. Die Vielfalt des Lebens auf der Erde ist schier unendlich – etwa so wie die Zahl der Galaxien im Universum. Wir gehen dem was existiert gerade erst auf den Grund und das Resultat wird eine Biomethanerzeugung, frei von Subventionen und so effizient, dass es sich eines Tages nicht mehr auszahlen wird, Methan oder auch Öl aus der Erde zu fördern.
Jetzt kommt’s – das geht nicht weil ….. blablabla. Ich hab es so oft gehört, mir brummt der Kopf davon. Aber ich hab auch gesehen wie oft die Zweifler Recht hatten.

Noch 2007 wurde Schiefergas in den USA als Spinnerei abgetan. Jetzt ist es die Henne die goldene Eier legt. Vor 10 Jahren waren die Explorationskosten für ein mmBTU Schiefergas bei geschätzten 30 USD. Heute sind sie bei geschätzten 4 USD. Unmöglich, hörte ich die Leute 2009 in Bezug auf Schiefergas sagen. Seit 2011 hörte ich das Wort Unmöglich auch immer wieder im Zusammenhang mit Methanhydraten. Und sonst noch Tausend Mal in meinem Leben.

Gestimmt hat es noch ganz selten. Die Spinner hatten sich durchgesetzt.

Denn ohne Spinner, kein Fortschritt. Ohne Fortschritt kein Handy, kein Facebook, keine Tiefkühlpizza. Denkt einmal darüber nach.

Verflüssigtes Biomethan – wir werden das neue Saudi Arabien
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